8. Schenken Sie Ihrem Nachfolger Vertrauen
Über einen längeren Zeitraum hatten Vater und Sohn zusammengearbeitet und der Senior bereitete sich allmählich auf seinen Abgang vor. Das Klima zwischen beiden war alles andere als harmonisch gewesen. Viele Meinungsverschiedenheiten zwischen Vater und Sohn hatten die Unternehmensführung entzweit. So gab es eine Fraktion der älteren Mitarbeiter, die in alter Treue zum Senior stand, und die jüngeren Mitarbeiter, die sich klar am Junior ausrichteten.
Getrieben von der Sorge um die Zukunft seines Unternehmens beschloß der Senior kurz vor seinem Ausscheiden, einen in der Branche sehr bekannten Vertriebsmann von einem Konzern abzuwerben und ihn an die Stelle des bisherigen Vertriebsleiters zu setzen. Den Junior stellte er vor vollendete Tatsachen.
Der neue Mann konnte sich mit seiner konzerngeprägten Arbeitsweise überhaupt nicht in das Unternehmen integrieren und stellte vieles völlig auf den Kopf. Da seine Einstellung mit der Führungsübernahme des Juniors zeitlich zusammentraf, machten die Mitarbeiter den jungen Unternehmenschef für das Chaos, welches der neue Manager anrichtete, verantwortlich. Als der Junior schließlich durchgriff und gegen den Willen seines Vaters den Vertriebschef entließ, waren die Mitarbeiter froh, daß – so ihre Meinung - der Senior noch im Beirat verblieben war und dem Schrecken endlich ein Ende gesetzt hatte. |
Der Schaden, den der Junior durch den Ansehens- und Vertrauensverlust seiner Mitarbeiter aufgrund der besorgten, aber voreiligen Handlung des Vaters erlitten hat, ist kaum abzuschätzen. Jedenfalls dürfte er deutlich über den finanziellen Einbußen während der "Regierungszeit" des Vertriebschefs liegen. Entscheidend für die Phase der Zusammenarbeit ist der Aufbau von Vertrauen. Dies gilt für beide Seiten. Am Anfang bedeutet es für den Senior, das Vertrauen des Juniors darin zu gewinnen, daß die Zusammenarbeit funktioniert und er tatsächlich bereit ist, das Zepter abzugeben. Die Beispiele zeigen immer wieder, daß eine Absichtserklärung – auch wenn sie schriftlich verfaßt ist – wenig Wert hat, wenn das tägliche Handeln fehlende Rückzugsbereitschaft signalisiert. Ein Junior muß im Alltag das Vertrauen in die Ehrlichkeit der Absichten des Seniors gewinnen. Gelingt dies nicht, wird er unzufrieden werden und wenig Notwendigkeit in der Vorbereitung auf eine Zukunft ohne Senior sehen.
Später ist vor allem das Vertrauen des Seniors gefragt. Gelingt es nicht, das Gefühl zu entwickeln, daß der Junior "das Ding schon schaukeln" wird, wie sich ein Unternehmer ausdrückte, sind Fehlhandlungen wie zu langes Verweilen im Unternehmen oder der beschriebene Extremfall vorprogrammiert. Beides, das zeigen die zahlreichen Beispiele, ist schädlich für das Unternehmen wie auch die Beziehung zwischen Senior und Junior.
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