Generationswechsel in Familienunternehmen |
Zehn Handlungsempfehlungen für den Senior: | 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 |
2. Achten Sie darauf, daß der Junior zu Ihrer Kultur paßtIn der Fachliteratur zum Generationenwechsel wird zur Frage der Auswahl des Nachfolgers die Erziehung (z.B. Verhältnis zu Geld, Leistungswille, etc.) und Ausbildung (z.B. fachspezifisches Studium, evt. Lehre, Tätigkeit in einem branchenverwandten Unternehmen) besonders hervorgehoben. In der durchgeführten Untersuchung hat der Senior zumeist eine fachspezifische, nicht akademische Ausbildung, während fast alle Junior-Unternehmer ein Studium absolviert haben. Ein Viertel der Befragten hat eine Lehre oder ein Trainee-Programm gemacht, genauso viele hatten allerdings vor dem Eintritt keine Erfahrungen in anderen Unternehmen gesammelt. Geht man nach den häufig definierten Anforderungen an die Ausbildung, so sind aus der Stichprobe etwa ein Viertel der Nachfolger unzureichend auf die Tätigkeit als Inhaber-Geschäftsführer vorbereitet gewesen. Die in der Literatur geforderten Ausbildungskriterien werden also weitestgehend eingehalten. Zwei weitere Aspekte werden allerdings vernachlässigt. Sie werden in diesem Abschnitt erläutert.
Nur zwei Junior-Unternehmer haben die Frage nach der Identifikation mit dem Unternehmen mit "Nein" beantwortet. Zwar räumten auch fast alle anderen ein, es habe ein oder zwei Jahre gedauert, bis man sich vollständig mit der Sache identifiziert habe. Früher oder später war dies bei ihnen allen jedoch eingetreten. Der folgende Fall zeigt aber, daß auch Formalien wie Name und Eigentum am Unternehmen keine Garantie für eine persönliche Identifikation mit der Firma sind.
Die meisten befragten Unternehmer berichteten, sie seien seit frühester Kindheit mit dem Unternehmen in Berührung gekommen. Als Kinder hätten sie auf dem Hof gespielt, als Schüler in der Produktion gejobt und als Student ihre Diplomarbeit im Vertrieb geschrieben. Das Unternehmen sei stets Mittelpunkt des Familienlebens und Gesprächsthema bei Tisch gewesen. In dem vorstehenden Fall war dieser natürliche Kontakt fast vollständig ausgeblieben. Eine emotionale Verbindung zur Kultur des Unternehmens und des Unternehmers konnte so nicht entstehen. Ein anderer Unternehmer bezeichnete diesen frühen Kontakt mit dem Unternehmen, das Aufwachsen mit der Firma und dem Lebensstil eines Unternehmers als sehr entscheidend für sein späteres Interesse an Beruf und Firma des Vaters. Das folgende Beispiel zeigt, daß die aufgezeigten Risiken selbst dann nicht zur Gefahr für das Unternehmen werden müssen, wenn eigene Kinder als Nachfolger nicht in Frage kommen:
Identifikation mit dem Familienunternehmen muß also bereits im Vorfeld der Nachfolge ermöglicht werden und gedeihen. Äußere Merkmale wie Eigentum und Name sind wichtige Hilfen, reichen aber nicht aus. Mindestens ebenso wichtig ist das Verständnis und die Begeisterung für den Beruf des Unternehmers und die Branche, in der er tätig ist. Vor diesem Hintergrund sollte die Auswahl des Nachfolgers nicht ausschließlich an Ausbildungsmerkmalen festgemacht werden. Begeisterung für das Unternehmen und den Beruf des Unternehmers sind mindestens ebenso wichtig, aber viel schwieriger zu erzeugen. Betriebswirtschaftliches Know-how kann man sich anlesen oder erlernen, die innere Einstellung muß in einem geeigneten kulturellen Umfeld entstehen. Gemeint ist eine Art "Kultur-Coaching" des Juniors im Hinblick auf die der existierenden Unternehmenskultur. Die Fähigkeit, in einem unternehmerischen Umfeld klarzukommen, ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg eines Unternehmers. Man stelle sich vor, welche Probleme ein promovierter Jurist in einem mittelständischen Bauunternehmen bekommen kann, wenn er mit den branchenüblichen, teilweise recht harten Umgangsformen nicht zurechtkommt. Dabei können derartige Umgangsformen auch unternehmensintern geschaffen worden sein. Ein Beispiel aus der Befragung soll diese Empfehlung verdeutlichen.
Wie stark ein Unternehmen von einem Junior mit einer völlig anderen Kultur betroffen sein kann, zeigt im Gegensatz dazu das folgende Beispiel.
Sind derartige Veränderungen für das Unternehmen notwendig, kann ein Kultur-Fit auch bedeuten, daß der Nachfolger Kenntnisse und Merkmale hat, die zwar nicht unbedingt in die bestehende Unternehmenskultur passen, aber für die Zukunft des Unternehmens wichtig sind. Er paßt dann in das (zukünftige) Unternehmen, gerade weil er viele Dinge anders macht. Besser ist es natürlich, wenn größere Veränderungen in der Unternehmenskultur gar nicht notwendig sind. Eine solche Ausgangssituation ermöglicht mehr Kontinuität. |
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